Sie ist die wahrscheinlich bekannteste Schere der Welt: Die sprichwörtliche Schere zwischen Arm und Reich. Sie öffnet sich immer weiter. Das ist aber nicht nur für die Armen ein Problem, sondern für uns alle! Denn die steigende Ungleichheit bedeutet eine Gefahr für Zusammenhalt und Demokratie. Wenn wir aber schaffen, sie zu verringern, dann bringt uns näher zusammen – und unterstützt sogar noch die Wirtschaft. Für mich einer der wichtigsten Gründe, warum ich mich für den Bundestag bewerbe! 

1. Deutschland, eines der ungleichsten Länder der Welt

Im Januar diskutierten die Medien tagelang die Folgen der Corona-Pandemie für soziale Ungleichheit. Der Anlass: Eine Oxfam-Studie mit dem Titel “Das Ungleichheitsvirus”. Doch schon vor der Pandemie öffnete sich die Schere zwischen Arm und Reich immer drastischer, auch in Deutschland. Dazu ein paar Zahlen: Waren 1991 noch rund 11% der Menschen arm, waren es 2018 fast 19%. Rund ein Fünftel der Kinder ist heute von Kinderarmut betroffen, 15% der Seniorinnen und Senioren leben in Armut.

Vermögen sind ungleich verteilt

Schon die Einkommen, also das Geld, das monatlich zur Verfügung steht, sind bei uns ungleich verteilt. Noch viel drastischer ist das bei den Vermögen. Das oberste Prozent der Wohlhabenden besaß 2018 rund 30 Prozent des Gesamtvermögens in Deutschland! Die Vermögensunterschiede sind bei uns wesentlich größer als in anderen westeuropäischen Ländern.

Strukturen der Ungleichheit verfestigen sich

Und diese Strukturen verfestigen sich, da Aufstieg durch Bildung immer seltener vorkommt. Im Gegenteil: Der sicherste Weg zu guter Ausbildung und hohem Einkommen ist es, reiche und gebildete Eltern zu haben. Die Vermögen wachsen derart schnell, dass sie durch Arbeit und Leistung nicht mehr in der gleichen Art und Weise aufgebaut werden können, so die Ungleichheits-Expertin Miriam Rehm vom Institut für Sozioökonomie der Universität Duisburg-Essen.

2. Ungleichheit schwächt die Wirtschaft

Lange herrschte in der Ökonomie die Meinung, dass Reichtum mit der Zeit von oben nach unten „sickern“ würde. Die Zahlen sprechen aber eindeutig dagegen. Eine hohe Ungleichheit ist sogar schädlich für die Wirtschaft, wie mittlerweile Studien des IWF und der OECD zeigen: Länder mit ungleicheren Einkommen haben ein geringeres Wirtschaftswachstum!

Wirtschaftswachstum und Ungleichheit hängen zusammen

Woran liegt das? Stark vereinfacht: Menschen, die mehr Geld haben, als sie ausgeben können, möchten ihr Geld für sich arbeiten lassen und legen es an. Sie kaufen zum Beispiel Immobilien und setzen auf steigende Preise und Mieten. Dies macht jedoch Wohnen für alle anderen teurer! Auch in Finanzprodukte wird gerne investiert. Dies führt wiederum zu riesigen Mengen an virtuellem Geld, das sich in Sekundenschnelle bewegt und so die Stabilität des Finanzsystems gefährdet.

Kinderbonus schafft Binnennachfrage

Gleichzeitig brauchen die Menschen am anderen Ende der Einkommensskala, bei denen das Geld am Ende des Monats knapp wird, jeden zusätzlichen Euro dringend für ihren Alltag. Wenn sie mehr Geld erhalten, geben sie dies meist für den Konsum aus. Damit steigt die Binnennachfrage in der realen Wirtschaft und damit auch das Wirtschaftswachstum. Genau das hat im vergangenen Jahr der Kinderbonus während der Corona-Krise gezeigt. Auch ein höherer Mindestlohn sorgt laut Studien für eine deutliche Steigerung bei den niedrigen Einkommen und damit auch der Binnennachfrage.

3. Ungleichheit gefährdet unsere Demokratie

Ungleichheit bedroht auch unsere Demokratie insgesamt. Diese lebt davon, dass sich die Menschen in ihr als Gemeinschaft verstehen. Bei großer Ungleichheit leben die Menschen aber in völlig unterschiedlichen Welten, sie haben im Alltag wenige Berührungspunkte und daher kaum eine gemeinsame Basis.

Wie mir Ungleichheit im politischen Alltag begegnet

Ich erlebe Menschen in Brennpunktvierteln, die sich abgehängt fühlen und kaum noch wählen gehen. Sie fühlen sich machtlos in ihrer Situation gefangen. Viele Superreiche koppeln sich ebenfalls von der Gesellschaft ab: Sie setzen auf Privatschulen und Gated Communities, statt sich für bessere Bildung und mehr Sicherheit zu engagieren. Und viele Mitglieder der schrumpfenden Mittelschicht haben Angst vor dem Abstieg. In dieser Situation denkt jeder zuerst an sich. Genau dieser Egoismus ist Gift für unseren Zusammenhalt.

Wir brauchen weniger Egoismus!

Weniger Egoismus und mehr Zusammenhalt dagegen machen uns krisenfest: Offene Gesellschaften mit hohen Werten bei Inklusion, Zusammenhalt und Demokratiequalität sind besonders erfolgreich darin, Krisen zu meistern und nachhaltige Reformen auf den Weg zu bringen.

4. Ungleichheit sorgt für ungleiche Chancen

Bei Ungleichheit geht es auch um die Frage, wer in unserer Gesellschaft erfolgreich sein soll. Grundsätzlich sollten in einer reichen Gesellschaft alle gut leben können, sodass alle die gleiche Chance haben, mit Fleiß und Talent etwas aus ihrem Leben zu machen. Eigene Arbeit sollte mehr wert sein als das Glück, viel zu erben oder reich zu heiraten.

Das Schulsystem kann nicht ausgleichen

Wie erfolgreich ein Kind in der Schule ist, hängt aber ebenfalls stark von der finanziellen Situation der Eltern ab. Das führt viel zu oft dazu, dass sich trotz Fleiß und Talent bei vielen Kindern manche Kompetenzen gar nicht entwickeln können. Am Ende arbeiten viele in einem Job, der ihr Potenzial nicht ausschöpft. Das ist ihnen gegenüber nicht fair, aber auch für unsere Wirtschaft ein großes Problem, die dringend qualifizierte Arbeitskräfte braucht.

Die fehlende Chancengleichheit verschwendet Talente. Das schadet uns allen! Die Corona-Pandemie verstärkt das Problem zusätzlich durch Homeschooling und Unterrichtsausfälle.

5. Fazit: Lasst uns Ungleichheit nicht mehr hinnehmen!

Ungleichheit ist kein individuelles Problem, sondern schadet uns allen. Lasst uns nicht mehr hinnehmen, dass die Schere immer weiter auseinander geht! Mit weniger Ungleichheit kommt unsere Gesellschaft besser voran. Sie wird fairer, zudem stärkt das unsere Wirtschaft und die Demokratie. Damit treffen wir übrigens einen Nerv: Umfragen zeigen, dass die soziale Spaltung vielen Menschen ähnlich große Sorgen bereitet wie der Klimawandel. Von mehr Zusammenhalt profitieren am Ende alle.